Autorin Julja Linhof (links) zusammen mit Sabine Bömer-Hengst und Beppo Lippold freuen sich über zahlreiche Gäste in der Werler Stadtbücherei.
Foto: J Film & Fotografie

Über mehr als 90 Anwesende bei der Lesung von Julja Linhof in der Werler Stadtbücherei freuten sich Petra Kook (Kunst- und Kulturverein), Tobias vom Endt (vhs Werl-Wickede-Ense) und Beppo Lippold („Buchstützen“). „Und wir hätten noch mehr Karten verkaufen können“, sagte Tobias vom Endt. In stilvoll ausgeleuchtetem Raum voller Bücher stellte sich Autorin Julja Linhof als „eine von hier“ vor, aufgewachsen zwischen Börde und Arnsberger Wald, jetzt in Hamburg lebend. Wie der Protagonist in ihrem Roman, nur unter ganz anderen Vorzeichen, komme sie immer gern wieder in ihre Heimat.

Linhof lässt in ihrem Buch den 19-jährigen Jirka von der Rückkehr an den Hof seiner Eltern im „Krummen Holz“ erzählen. Die 1991 geborene Autorin hat die Perspektive des Jungen gewählt und das Geschehen in die siebziger Jahre verlegt, persönliche Erfahrungen und Erlebnisse nur indirekt verarbeitet. Figuren sind Fiktionen und das Tal „Krummes Holz“, das dem Buch den Titel gibt, geht auf ein Zitat Immanuel Kants zurück: „Aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts Gerades gezimmert werden.“ Das stellt Julja Linhof an den Beginn ihrer Lesung.

Gleich im Eingangskapitel verdichten sich geborstene Erinnerungen und neue unmittelbare Wahrnehmungen des nach fünf Jahren heimkehrenden Jirka („Ich werde zurückgeworfen in meinen Kinderkörper“). Jirka wuchs auf einem Bauernhof auf, die Mutter war krank, kam in eine Anstalt und verstarb früh, der Vater Georg war ein Tyrann, die ältere Schwester Malene wollte, aber sollte den Hof nicht übernehmen, die Großmutter Agnes, bei Jirkas Rückkehr dement, gefühlskalt, der Verwalter Vilém Dorodzala und dessen Sohn Leander dagegen „ohne Bitterkeit“. Jirkas Erinnerung an die Rückfahrt von der Beerdigung seiner Mutter gehören zu seinen Traumata. Das sei ein wesentliches Thema ihres Romans, sagte Linhof, die Traumabewältigung. Ein Roman, der von einer Familie voller Zerwürfnisse erzählt, aber auch von Resten von Zuneigung.

Beppo Lippold, der zusammen mit Sabine Bömer Hengst moderierte, ging im Gespräch mit der Autorin auf die erzählten Zeiten im Roman ein. Eine lineare Erzählung hätte sie als langweilig empfunden, so Linhof. Das Stilmittel des Hin und Her zwischen gestern und heute verleihe dem Roman dagegen eine emotionsgeladene Dynamik, ergänzte Lippold.

Nicht nur die Personen um Jirka, auch Räume, Gerüche, Geräusche, Gegenstände, wecken Erinnerungen an frühe Jahre. Das war das Stichwort für Sabine Bömer-Hengst, die im Möhnetal einen Hof bewirtschaftete. Was Linhof mit intensiver Bildsprache beschreibe, könne sie bestätigen. Der Essiggeruch, der beim Einkochen das Haus durchzieht, Saisonarbeiter aus dem Osten zur Erntezeit, die nicht immer freundlich behandelt wurden, all die bildstarken Beschreibungen des Lebens auf den Höfen wecke auch bei ihr Erinnerungen.

Schließlich beantwortete Julja Linhof Fragen aus dem Publikum zur Entstehung des Romans, zu ihrer Arbeitsweise und zum nächsten Buch, bevor sie viele Bücher signierte.

Quelle: Soester Anzeiger

Weiter geht das diesjährige Programm mit einer Theatervorführung am Gründungstag: am 8. März um 18 Uhr laden wir gemeinsam mit der vhs zu „RUT die Freundin der Lieblichen“ ein. Alle Details sind im Veranstaltungskalemder zu finden.

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